SWISS MADE

La musique Suisse existe - Alte Musik aus der Schweiz

 Ein Spiel mit Clichés, Renaissance-Blockflöten, Glocken, Löffel etc.

 Musik aus verschiedenen Schweizer Sammlungen, aus Klosterbeständen und von Alpweiden

detailliertes Programm

Gibt es sie, die Alte Musik aus der Schweiz? Oder, vorsichtiger: Gibt es alte Musik aus der Schweiz? Es fallen einem ein paar Namen von Komponisten ein, das schon. Aber wohlklingend sind weder ihre Namen noch ihre Musik. Exotisch nimmt sich unter diesen Umständen die Idee aus, zumal mit einem Blockflötenensemble, ein Programm mit Musik zu gestalten, die diesem Thema gerecht wird. Zum Glück gibt es aber auch noch...aber wir wollen nicht vorgreifen.

„Zum Anschauen und Ausprobieren (etwa auf Blockflöten)“: Wer sich solcherart ausdrückt, sind nicht etwa ein Komponist oder ein Drucker des frühen 17.Jh, die uns einladen, ihre Musik auf allerlei Instrumenten (etwa auf Blockflöten) zu spielen, sondern der Basler Komponist Roland Moser. Sein „Melodienbündel“-  zusammengetragen zu „Jadal“, den 3.Internationalen Tagen für Neue Blockflötenmusik vom Oktober 2001 in Basel und Kairo – trägt diesen Vermerk, wohl in der Absicht, diese Sammlung von äusserst kurzen einstimmigen  Melodien  - kleinen Juwelen gleich -  zunächst losgelöst vom Instrument zu bedenken. Wir gehen, mit seinem Einverständnis, noch einen Schritt weiter und betten sozusagen seine Töne in eine improvisierende, „tropierende“ Umgebung ein, die gleichsam einen Vorgeschmack auf die „paysage sonore“ im späteren Programm abgibt. 

Ein zweiter Programmteil führt uns in die erste Hälfte des16.Jh., eine Zeit, wo Schweizer Vertreter des Humanismus, wie etwa der Glarner Johannes Heer nach seiner Rückkehr aus Paris, der Bündner Johannes von Salis oder der Basler Bonifacius Amerbach, Musiksammlungen zusammentragen. Es sind bemerkenswerte Bemühungen von Liebhabern, ein internationales Musikrepertoire auch in der Schweiz zur Verfügung zu haben, nicht zuletzt in Ermangelung eines wertvollen autochthonen Musikgutes. Wohl sind ab und zu auch Schweizer Stücke darunter, etwa von Johannes Heer selber, die aber oft nicht sehr einfallsreich geschrieben sind und zudem nicht selten grobe Satzfehler aufweisen. Wie und mit wem wird Johannes Heer in Glarus „seine“ Musik aufgeführt haben? Liebten sie gemischte Besetzungen? War ihnen die Praxis des Diminuierens bekannt?  Gerne würden wir lesen, dass er vier Blockflöten, wie wir sie in einer zeitgenössischen St.Galler Handschrift abgebildet finden, zur Verfügung hatte. Die Blütezeit des Spiels im Blockflötenconsort war es allemal, wenigstens auf der internationalen Bühne.

War es unsere Idee, für dieses Konzert Musik zusammen zu fügen, die auf dem Gebiet der heutigen Schweiz komponiert oder gespielt wurde, so weichen wir mit der instrumental wiedergegebenen Motette „Quare fremuerunt“ von Ludwig Senfl insofern ab, als der gebürtige Basler musikalisch  wahrscheinlich nur in Deutschland, vorab am Kaiserhof Maximilians I. in München, gewirkt hat. Seine weit klingende, dem Stil der Zeit immer entsprechende Musik gibt aber ein schönes Beispiel der höfischen und gebildeten Musik, wie sie in der republikanischen Schweiz nicht gefördert werden konnte.

Es ist kein Zufall, dass heute – unter gänzlich verschiedenen Förderungs- und Entstehungsbedingungen – zum ersten Mal in der Geschichte originale Blockflötenmusik in der Schweiz entstehen kann. Ohne an dieser Stelle von den Mechanismen der Subventionspraxis en détail zu sprechen, kann doch vermerkt werden, dass die materiellen Voraussetzungen, nebst freundschaftlicher Verknüpfungen von Komponisten und Spielern, es erlauben, dass inzwischen zahlreiche Werke entstehen konnten, die fest zum internationalen Blockflötenrepertoire gehören. Nebst Kompositionen von Roland Moser sind dies auch die „Spektren“ von Rudolf Kelterborn, der dieses Quartett für vier Blockflöten noch zu seiner Direktionszeit der Basler Musikhochschule als Beitrag zu den1.Internationalen Tagen für Neue Blockflötenmusik 1993 in Basel schrieb.

Der vierte Programmteil führt uns zum Ausgangspunkt und zum Kern von SWISS MADE:

Auf der oft ernüchternden Suche nach geeigneter Musik schweizerischer Herkunft für unser Ensemble machten wir die wundervolle und äusserst anregende Entdeckung, dass es fundamentale Gemeinsamkeiten gibt zwischen den bautechnischen und klanglichen Eigenarten der Renaissanceblockflöten und den Grundlagen des Jodels, des textlosen Gesangs mit dem Spiel der verschiedenen Stimmregister unter Verwendung der reinen Intervalle. Unsere Flöten, könnte man sagen, sind entstanden am Wendepunkt einer Musizierpraxis, die sich für eine polyphone Spielweise entscheidet, ohne aber die Spuren und Anforderungen  des einstimmigen Spiels gänzlich getilgt zu haben. Sozusagen ursprüngliche, gabelgrifflose Fingersätze, verbunden mit einer Technik des Überblasens, wie wir sie von Alphorn oder Büchel her kennen, lassen denn auch dieselben Flöten gänzlich anders und ebenso authentisch klingen. Damit verbunden ist selbstverständlich ein anderes Zeit- und Raumempfinden, das ausserhalb unserer gewohnten, stets zielgerichteten Musik ihre Wirkung entfaltet. Wie eingangs schon erwähnt, kann sich solcherart eine „paysage sonore“ entfalten, die in ihrer durchaus minimalistischen Art losgelöst ist von den Bedingungen einer prozessorientierten Musik. Interessant ist, dass schon 1545 der Drucker Georg Rhau Gefallen fand an dieser Art Musik und einen Appenzeller Kuhreihen – oder wie es später auf französisch hiess: „ranz des vaches“ – in seine „Bicinia Gallica“ aufnahm, lange bevor in   Folge der Aufklärung J.J.Rousseau und andere sich für diese „ursprüngliche, natürliche“ Art der Musikäusserung zu interessieren begannen. Im übrigen hatte ja der Bremgartner Komponist Johann Melchior Glettle mit seinen kurzen Bicinien - eigentlich für 2 Trumscheite gedacht -  bereits zu Ende des 17.Jh.das Phänomen des Überblasens bzw. des Flageoletspiels kompositorisch benutzt, was wir mit Vergnügen auf unseren Instrumenten wiedergeben.

Ach ja, beinahe vergessen hätten wir das alte, so schön melancholische „Guggisberglied“, Inbild des uralten Schweizer Volkslieds. Nur, es scheint inzwischen, dass es so alt auch nicht ist, und die Schweizer Herkunft wird ihm auch noch abgestritten. Der Papst hatte damals schon recht, als er seinen Kardinal Borromäus in die Schweiz schickte, um den Leuten Volkslieder beizubringen, damit sie nicht länger Messgesänge grölten, wenn sie betrunken das Wirtshaus verliessen.

Conrad Steinmann

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Die Presse über 'swiss made'

Kritiken zu Swiss Made

 Mit dem ensemble diferencias waren Profis auf beiden Sektoren der musikalischen Aufführungspraxis, der historischen und der zeitgenössischen, am Werk, die kreativ auch mit Renaissance-Tabulaturen umgehen. Davon profitierten im Konzert vorab die Schweizer Volksmusik, die das Blockflötenquartett hinreissend vital und präzis umsetzte. 

…ein packendes dialogisches Kammermusikereignis..

 (Basler Zeitung)

 

 Das Fazit nach dem Konzert: Es braucht keine Brücke zwischen alter und neuer Musik. Der Musik erwächst durch die jeweilige Interpretation ihre eigene Sprache. Alt und Neu können nahtlos verschmelzen….So faszinierend kann Blockflöte sein!

 (Basellandschaftliche Zeitung) 

 

Das volkstümliche Element schlug dann bei den Flötenbearbeitungen von Jodeln, „ranz des vaches“ und „carillons“ aus verschiedenen Teilen der Schweiz voll durch. Die Begeisterung des Publikums hätte da durchaus noch mit ein paar Zugaben mehr befriedigt werden dürfen…

 (Neue Zürcher Zeitung)

  

Ohrenöffner sind die Stücke allesamt, dank klappernden Löffeln im „Bentzinauer Tantz“, dank den je nach Bedarf mitteltönig gestimmten Flöten und den ebenso farbigen wie virtuosen Interpretationen. So trifft Freches auf Feierliches, Experimentelles auf Poetisches.

 (Tages-Anzeiger, Zürich)

  

Es ist die Summe der Klangaspekte, welche diese CD zu einer Entdeckung macht.

 (Der Landbote, Winterthur)